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„Die Geschehnisse hinter den Strichen“
Dr. Barbara Brähler,
Kulturreferentin der Stadt Schwetzingen.
Rathaus Schwetzingen, 20.1.2006, 18 Uhr
Text ©2006 Dr. Barbara Brähler,

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben schon erfahren, dass Shihabuddeen Vaippipadath, kurz Shihab, studierter Mathematiker ist. Was wäre nun zu erwarten, wenn sich ein Mathematiker der Malerei verschreibt? Am ehesten wären doch übersichtliche, geometrisch gegliederte Bilder oder abstrakte Farbflächenmalereien anzunehmen, zumindest eine rationale Bildsprache eines strukturiert denkenden Menschen.

Shihab belehrt uns jedoch eines besseren! Keinerlei Abstraktionen, keinerlei geometrisch motivierte Kunst ist zu erkennen, und schon gar nicht kühl-rational tritt uns seine Malerei entgegen. Ganz im Gegenteil, hoch emotional, sinnlich und erzählerisch sind seine Bilder. Zuweilen ist ihr Ausdruck fröhlich-heiter, zuweilen kritisch oder gar melancholisch – mit anderen Worten – Shihab gelingt es, die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen darzustellen.

Ebenfalls haben wir schon erfahren, dass der Maler bereits in Indien - parallel zu seinem Mathematikstudium - Malerei und Grafik studierte. Im Rahmen des Studiums wurden ihm natürlich auch kunsthistorische Grundlagen der westeuropäischen Moderne vermittelt. Ein erstes Kennenlernen der Malerei des Deutschen Expressionismus war für ihn bahnbrechend – sein künstlerischer Anknüpfungspunkt war gefunden. Dementsprechend stand auch der erste Aufenthalt des Inders in Deutschland im Zeichen einer Auseinandersetzung mit expressionistischer Malerei vor den Originalen. In diesen Bildern fand er die ausdrucksstarke und kraftvolle Farbigkeit Indiens wieder. Eine Farbigkeit, die er in sich trägt, und nun auf seine in unserem Kulturkreis entstandenen Arbeiten transportiert.

Shihab führt uns eine ausdrucksstarke und emotionale Kunst vor, die sich durchaus in die Nachfolge jener Malerei der beginnenden Moderne einreihen kann. In einem „wahrhaften Fest der Farben“ zeigt er ein „Panorama menschlichen Lebens“ auf – ausdrucksstark und kraftvoll in Farbe und Form macht er „Lebensgewohnheiten der Menschen in verschiedenen Ländern und die gegenseitigen sozialen, kulturellen, literarischen und wissenschaftlichen Beeinflussungen“ sichtbar. Zugleich verleiht er dem Verborgenen, der Seelenbewegung, eben „den Geschehnissen hinter den Strichen“ Ausdruck, wie es uns bereits der Ausstellungstitel ankündigt.

Die Lebendigkeit der Pinselstriche spielt eine wichtige Rolle in seinen Bildern. Ob bei den kleinen oder bei den Großformaten – der Pinselstrich ist spontan gesetzt, eine in Farbe übertragene Bewegung bzw. Seelenbewegung. In Kandinskys Sinne kommt bei diesen Bildern das Prinzip der „inneren Notwendigkeit“ zum Tragen, die Farben, Farbstellungen und Formen auf dem Bildfeld ordnen.

Die Bilder sind aus klaren, oft ungebrochenen Farben aufgebaut, die stark kontrastieren und sich gegenseitig zu einer hohen Intensität und Lebendigkeit anfeuern. Doch Shihab ist nicht nur Kolorist, sondern auch ein Geschichtenerzähler. Bei näherer Betrachtung der Bilder entdecken wir die Motive seines Kulturkreises. Sie geben einen kleinen Einblick in das faszinierende fremdländische Geschehen.

Das Menschenbild steht eindeutig im Vordergrund. Die menschlichen Gestalten sind nicht als Porträts angelegt, sondern sie bieten - im expressiven Sinne – Platzhalter für eine Menschengruppe, für Menschen in der Ausübung ihrer Aufgabe, für Geschehnisse, für Emotionen, die ihnen ihre Gestik, Mimik, Körperhaltung und Farbigkeit verleihen.

Ergänzend zur Ausstellung zeigt Shihab den Dokumentarfilm „Zurückkehren nach Deutschland“, der Erlebnisse eines Monats in Indien umfasst wie z.B. das Fischerfest in Kerala, das an der Südwest-Küste von Indien liegt, randvoll mit Fischen gefüllte Boote, Fischhändler. Er zeigt mit einer Hochzeit auch privatere Sequenzen einer langen Reise, die er zurückgekehrt nach Deutschland in seinen Bildern verarbeitet.

Tatsächlich entdecken wir einige Motive in der Ausstellung – ausgelassene, tanzende Menschen oder eine Gruppe von Fischern. Besonders beeindrucken die großformatigen Bilder im Erdgeschoss. Hier schlägt Shihab auch melancholischere, traurigere Töne an. Wir werden mit der Trauerzeremonie seiner Heimat konfrontiert. Der Tote tritt in einem Boot liegend seine letzte Reise an – ein Bild des Friedens und der Ruhe, der Tod verliert seinen Schrecken. Daneben ein Gemälde, das die schreckliche Flutkatastrophe Weihnachten 2004 geradezu vorausgegriffen hat. Monumental erscheint hier eine menschliche Gestalt, Hilfe erflehend, Rat suchend mit Resten seines Hab und Guts in Händen, fassungslos vor den reißenden Fluten stehend, die Boote, Menschen und Häuser wie Spielzeug erfasst und hinwegfegt. Bei diesen Gemälden unterstützt die Farbgebung die melancholische Grundstimmung – hier spielt Shihab mit tristen Grautönen. Die Figur erscheint grob, blockartig, mit eckiger Kontur, um das unfassbare Geschehen zu verdeutlichen.

Shihab zeigt uns mit seiner Ausstellung ein Panorama menschlichen Lebens, in ein expressionistisches Gewand gekleidet, das die „Geschehnisse hinter den Strichen“ erahnen lässt. Die Orchestrierung von Farbe und der „innere Klang“ der Bilder löst ähnlich wie im Bereich Musik einen „Widerklang der Seele“ aus. In diesem Sinne möchte ich mit einem Zitat von Kandinsky enden: „Im Allgemeinen ist die Farbe ein Mittel, einen direkten Einfluss auf die Seele auszuüben. Die Farbe ist die Taste. Das Auge ist der Hammer. Die Seele ist das Klavier mit vielen Saiten. Der Künstler ist die Hand, die durch diese oder jene Taste zweckmäßig die menschliche Seele in Vibration bringt. So ist es klar, dass die Farbenharmonie nur auf dem Prinzip der zweckmäßigen Berührung der menschlichen Seele ruhen muss.“

©2009Vaippipadath

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